Pinion P1.18 Schaltgetriebe
Das Innovationen und Variationen in der Bike-Branche ständig aufs Neue für
Aufsehen sorgen, kann man auf der jährlich stattfindenden Eurobike oder ISPO
Bike feststellen. So war es nur eine Frage der Zeit, bis ein pfiffiges
Entwicklerteam aus der Automobilbranche sich auch der Kurbelgarnitur des
Velos annahm und das bisher bekannte Antriebskonzept auf den Kopf stellte.
18 Gänge kompakt in einer Antriebsgarnitur verbaut, dafür steht Pinion.
Während das Heck zunächst an ein Single-Speed-Racer erinnert, ist das
Antriebsaggregat direkt im Tretlagerbereich zu finden. Kann eine solche
Antriebsmaschine auch im MTB-Bereich überzeugen? Genau dies wollten wir
wissen. Denn schließlich will eine Investition von 2 Riesen gut überlegt
sein.
Wir hatten das Glück, durch JJ Bikes, die P1.18 Getriebenabe an einem MiTech
650b Hardtail zu testen.
Bei einem Testzeitraum von 5 Tagen, sollte sich herauskristallisieren, ob
dieser Antriebsapparat im rauen MTB-Alltag überzeugen kann.
Als Testrevier wählten wir das Dreiländereck im Osten Deutschlands. Hier
wechseln sich auf kürzester Distanz knackige Anstiege, Wurzelpassagen und
flowige Trails ab. Bei Niederschlagsmengen um die 1000 mm im Jahr war klar,
dass sich hier die Kraftquelle P1.18 auch im aufgeweichten, teils
schlammigen Untergrund bewähren muss.
Natürlich steht man Neuem im Bezug zu Altem immer etwas ambivalent
gegenüber. So reizt das Neue, wenngleich immer das Alte in den
Vergleichsfokus kommt.
Vorsichtig fuhren wir daher die ersten Kilometer auf einer Flachstrecke, um
uns mit der Schaltperformance vertraut so machen. Das Schaltsystem mittels
Gripshifter kannten wir bereits von SRAM. Doch wurde jetzt kein Kettenwerfer
bzw. Schaltkäfig bewegt. Alles spielt sich nun in der „Blackbox“ im
Tretlagerbereich ab. Trotz des markanten Gewichts von 2,5 Kilo, hatten wir
nicht den Eindruck, dass sich dieses negativ auf die Fahreigenschaften
auswirken könnte. Das war schon mal die erste Überraschung und weitere
sollten folgen, denn der erste Anstieg wartete, und der war brutal lang und
wollte gefühlt bei echtem Schmuddel Wetter nicht enden. Um die
Subjektivität eines einzelnen Fahrers nicht zu sehr herauszustellen, folgte
der stetige Radwechsel im Team mit den klassisch gewohnten 2 und 3-fach
Antrieben. Hier waren sich alle Testpiloten einig, das Stirnradgetriebe kann
antriebsmäßig mithalten, doch es stellte sich als bald heraus, dass man
unter Last nicht mehr schalten kann. Im Wiegeantitt am Berg musste immer
noch etwas Restschwung vorhanden sein, um die nächstniedrigere Übersetzung
rechtzeitig im Leerlauf zuschalten.
Bedeutet kurz gesagt: Antreten- Leerlauf -Runterschalten und weitertreten
muss flüssig und zügig von statten gehen, damit man nicht den Todpunkt
erwischt und abspringen muss. Klingt zunächst kompliziert, war aber einfacher
umzusetzen als gedacht.
Schaltklemmer durch Äste oder Langgräser waren hingegen kein Thema, ebenso
kein Kettenklappern, Kettenabwurf oder Kettenschlagen bei der Abfahrt.
Ermöglicht wird dies durch ein geschlossenes System in dem die Wellen
und Stirnräder ihren Betrieb ohne äußere Einflüsse leisten können.
Das von JJ-Bikes verliehene Test-Bike mit MiTech-Rahmen erwies sich hier als
besonders verwindungssteif.
So machte das Kurbeln sichtlich Spaß und zog natürlich immer wieder
neugierige Blicke der Passanten auf sich. Bei fast jedem Halt musste der
Testpilot Rede und Antwort zur „Testrakete“ stehen.
Dies war sicher auch der Kupferfarbigen Version unseres Testmusters zu
verdanken.
Überraschend für uns war, das mehrere Gänge sowohl hoch als runter
übersprungen werden konnten, um Speed bzw. runde Traktion zu gewährleisten.
Die kompakte Bauweise ist so elegant gelöst, das auch hartnäckige
Schlammpassagen mühelos ohne Materialverschleiß passiert werden können.
Erwähnenswert ist auch, dass im Vergleich zur herkömmlichen
Kettenschaltung mit dem P1.18 ein gefühlt runderes Kurbeltreten in diesen Bereichen möglich war.
Die Dreckunanfälligkeit brachte am Ende jedes Biketages sichtliche Zeitersparnis beim
“heißgeliebten” Putzen. Hier genügten kurze Wasserstrahlen um das
Antriebsgerät wieder Fit für den nächsten Tag zu machen. Da mühten sich die
Tester mit den Vergleichsantrieben schon wesentlich mehr ab, weil das Fetten
und Schmieren doch gefühlt die ein oder andere Minute mehr raubt. Wer jetzt
denkt, das man mit einem P1.18 das Rundumsorglospaket besitzt, dem sei
gesagt, dass ein Ölwechsel nach ca. 10.000km erforderlich wird. Damit kann
man aber schon viele Putzroutinen sparen und die gewonnene Zeit zum Bsp.
länger auf dem Trail verbringen.
Doch konnten wir auch Probleme oder Nachteile feststellen?
Ja, beim Schalten zwischen den Gangabstufungen des 3×6, also bei Gang 7 und
13 war ein Schalten teils schwierig im ansteigenden Gelände möglich, da hier
der Übergang zwischen den Stirnrädern nicht ganz flüssig ist.
Fazit
Nach den intensiven Testtagen ist uns die Pinion sehr ans Herz gewachsen.
Mit leichtem Seufzen haben wir das Testmuster wieder an JJ Bikes
zurückgegeben. Die deutlichen Vorteile des Getriebes kristallisierten sich
in unserem Terrain deutlich heraus. Flowiger Fahrspaß, progressive
Fahrdynamik und ein wartungsarmes Antriebssystem sind die klaren
Pluspunkte für den getesteten Antriebskandidaten. Einzig die Defizite in
Bezug auf einen kontinuierlichen Schaltzyklus bei Anstiegen unter Voll-Last und der saftige Preis von ca. 2000 € werden potentielle Interessenten zum kritischen Nachdenken veranlassen.
Für CC- oder XC-Einsatzwettkämpfe ist das System noch zu schwer bzw. in der
getesteten Version, bei häufigen Up-/Downhill-Wechseln, auf
Grund der mangelnden Schaltperformance nicht zu empfehlen. Ab All-Mountain
bis Downhill und im privaten Hardtailbereich, wo die Stoppuhr zuhause
bleibt, sei jedoch eine klare Kauf-Empfehlung für die innovative
Antriebsalternative auf der Basis deutscher Ingenieursinnovation
ausgesprochen. Da probieren über studieren geht, sollte bei den zuletzt
genannten Einsatzbereichen auch das Pinion-Antriebsaggregat daher mit auf
die Testrunde gehen.
Teste auch du das Pinion P1.18 Schaltgetriebe
oder schau im Onlineshop
von JJ-Bikes vorbei.
Testbericht zur Verfügung gestellt von JJ-Bikes